1995–2019 | 25 Jahre Weihnachtsmarkt Entlebuch
25 Jahre und
kein bisschen
Müde
1995 fiel der Startschuss für den ersten Weihnachtsmarkt Entlebuch. Einmal um Haaresbreite am Aus vorbei, gibt es ihn 25 Jahre später immer noch. Wir haben drei «alte Hasen» des OK zur Talk-Runde eingeladen: Markus Zehnder, Claudia Schmid und Mägu Huwiler.
«Wir waren zu fünft mit vier Ständen.»
Markus, du bist ja quasi der «Vater» des Entlebucher Weihnachtsmarktes. Wie kam’s dazu?
Markus: Im August 1995 habe ich die Drogerie Entlebuch übernommen. Das war noch die alte Drogerie und vis-à-vis befand sich das Blumengeschäft von Ursula Huber. Es war bereits November, als Ursi und ich uns über die Strasse unterhielten. Da fragte ich sie, ob es hier in Entlebuch auch einen Weihnachtsmarkt gibt. «Nein, haben wir nicht». «Wollen wir einen organisieren?» fragte ich sie einfach. Und so waren wir es – Ursi, Florian Wigger und ich – die den ersten Weihnachtsmarkt Entlebuch vorantrieben.
«Da gingen die Besucher vorne rauf, liefen über die Terrasse und auf der anderen Seite die Treppe runter.»
Konntet ihr denn viele Aussteller für die Erstausgabe des Weihnachtsmarkts gewinnen?
Markus: Es war ja so kurzfristig und so erteilten uns die meisten Geschäfte Absagen. Bis auf Renggli Fritz, der mit seiner Bäckerei etwa einen Monat vor mir gestartet hat, der sagte zu. Dabei waren auch Yvonne Baumgartner mit Wolle und Second Hand-Sachen. Und mit ihr zusammen am Stand war Maria Müller, wenn ich mich richtig erinnere.
Ich fand dann aber, dass die Kombination Kleider, Brötli und Drogerie etwas wenig hergibt. Es sollte schon noch etwas Weihnächtliches dabei sein. Und so fragte ich Albert Huwiler an, der in Schüpfheim im Dorf einen Kiosk mit Holzspielzeug hatte. Dieser war dann mit seinen Holzsachen da.
Mägu: Da wart ihr noch auf der Meienrisli-Terrasse?
Markus: Genau, wir waren zu fünft mit vier Ständen. Da gingen die Besucher vorne rauf, liefen über die Terrasse und auf der anderen Seite die Treppe runter.
Und da war ja noch der seltsame Samichlaus…
Markus: …Jemand hatte die Idee mit dem Samichlaus. Dieser war mit seinem Grill vorne an der Ecke zum Meienrisli und man konnte Bratwürste haben.
Mägu: Aber bereits am Nachmittag zeichnete sich das Ende mit dem Samichlaus ab, noch ehe der Weihnachtsmarkt richtig begonnen hatte …
Markus: Auf alle Fälle war der Samichlaus am Weihnachtsmarkt für Jahre kein Thema mehr. Nix, nada.
Wie ging’s weiter mit dem Weihnachtsmarkt?
Markus: Im zweiten Jahr waren es etwa 12 Stände, die wiederum von der Gemeinde aufgestellt wurden. Aber da gab es immer wieder Situationen, dass das Telefon ging und irgendein Aussteller den Stand verschoben haben wollte oder sonst irgend etwas. So sind wir von der Drogerie in den weissen Schürzen rumgerannt und haben uns um die Stände gekümmert – während dem Drogeriebetrieb notabene.
In den Anfängen waren solche Sondereinsätze wohl keine Ausnahme?
Claudia: Nein. Einmal, als der Markt noch an der Hauptstrasse war und es so geregnet hat, organisierte Markus um fünf Uhr morgens Plastik, um die Stände zu decken.
Mägu: Den hatte Markus im Estrich bereit für alle Fälle.
Markus: Ja, wir hatten in der Landi ein oder zwei riesige Rollen gekauft. Es war halt eben so, dass wir von der Drogerie anfänglich für die Stände schauten, dass alles klappte. Aber schon kurz darauf gab es freiwillige Helfer wie Egli Otti, Franz Studer und soviel ich weiss Sepp Schumacher.
«Punkt 16 Uhr hatte ich kein Licht mehr – nichts.»
Standpläne von 1999
Und da wurde alles besser?
Markus: Es gab so Sachen, wie mit dem Strom. Da arbeiteten wir noch nicht mit den CKW zusammen. Sondern ich ging zwei, drei Tage vor dem Markt an den Haustüren klingeln und fragte, ob wir im Keller oder einem Zimmer ein Verlängerungskabel anschliessen dürfen für den Strom. Es waren ja nur ein paar Stände entlang der Strasse.
Claudia: Genau, ich hatte damals den Strom aus dem Radiogeschäft von Strasser Erich. Punkt 16 Uhr hatte ich kein Licht mehr – nichts. Es war Samstag und der Laden hat da einfach Feierabend gemacht. Da musste ich dann nebenan bei der Metzg fragen, ob wir von ihnen Strom haben dürfen.
Markus, du hast vorhin erwähnt, dass ihr die Stände von der Gemeinde hattet?
Markus: Ja, wir hatten von der Gemeinde etwa 12 Stände, wovon drei oder so in ganz schlimmen Zustand waren.
Mägu: PDID-Stände vom Militär waren das. Die waren verschmutzt, schwer, mit «Chröppel»-Böcken und man musste sie mit Plastik decken.
Markus: Die hatten kein Dach wie die heutigen Stände. Wir mussten sie mit transparenter Folie decken. Das sah überhaupt nicht schön aus, war mühsam und aufwändig.
Mit der Zeit waren es dann zu wenig Stände und so haben wir diese aus Schüpfheim oder Escholzmatt organisiert. Die mussten dort abgeholt werden. Mägu oder Egli Otti haben das gemacht.
Claudia: Oder Martin Hunziker.
Markus: Genau, als wir die Stände von Willsau hatten. Martin fuhr damals mit einem grösseren Camion. Aber als unser Markt grösser wurde, wurde das zu mühsam. Und so überlegte man, die Jungwacht dafür einzusetzen. Man fragte also Didi, Dietmar Hofstetter, der damals Scharführer war. Sie haben das dann organisiert und fuhren mit einem Traktor nach Schüpfheim und stellten die Stände auf. Das war für die Jugendlichen natürlich nicht so einfach … auf alle Fälle, es lief so wie es lief. Es war handgestrickt, die Stände waren mal von da, mal von dort.
Dann hiess es von Schüpfheim plötzlich, man habe nun einen eigenen Weihnachtsmarkt und könne die Stände nicht mehr geben.
«Es sah dann fast so aus, dass wir unseren Weihnachtsmarkt um eine Woche verschieben müssen.»
Wie habt ihr auf die Absage reagiert?
Claudia: Als wir die Stände von Schüpfheim nicht mehr bekamen, dann haben alle vom OK wie wild herumtelefoniert. Einfach wer uns in den Sinn kam. Wir hatten uns untereinander nicht abgesprochen, wer wen anruft. Und so wurde jemand mehrmals hintereinander angerufen. Dieser meinte nur, ob wir uns denn nicht absprechen.
Mägu: Es war halt nichts organisiert.
Claudia: Es sah dann fast so aus, dass wir unseren Weihnachtsmarkt um eine Woche verschieben müssen, da wir die Stände nicht mehr bekamen. Das kam für uns aber nicht in Frage. Wir hatten Aussteller mit Adventskränzen. Und wer will schon einen Adventskranz kaufen am 2. Advent?
Mägu: Das Weihnachtsmarkt-Datum beizubehalten war der beste Entscheid.
Und wie konntet ihr dann doch noch genügend Stände organisieren?
Claudia: Wir gingen nach Willisau auf Standsuche.
Mägu: Genau, wir schauten mit Willisau und ein paar Jahre machten wir das so. Aber mit dem Holen und Bringen war es halt auch so eine Sache.
«Die Autos sind durchs Dorf gefahren wie die Wahnsinnigen.»
Was war denn das Problem?
Markus: Es waren zwischenzeitlich so viele Stände, dass wir die auf beiden Seiten entlang der Hauptstrasse aufstellten. Da aber die Kirchenmauer weiter nach vorne kam, mussten wir die Stände etwas in die Strasse stellen.
Mägu: Das machten wir am morgen früh. Die Gemeinde hat auch noch geholfen und wir hatten orange Westen an, aber die Autos sind durchs Dorf gefahren wie die Wahnsinnigen.
Markus: Das war wirklich ein Problem. Es gab auch bedenken, dass einmal ein Unfall mit einem Auto passieren könnte. Wir konnten die Strasse ja nicht sperren.
Claudia: Aber später konnten wir den Verkehr Richtung Schüpfheim über die Bahnhofstrasse umleiten. Das ging aber irgendwie nur, wenn es nicht geschneit hat.
Markus: Genau. Die Polizei hat das bewilligt. Aber wenn Schnee gefallen wäre und ein Lastwagen hätte die Spitzkehre bei Coiffeur Marta machen müssen, hätten wir den Markt abbrechen und die Spur freigeben müssen. Das war eine Zitterpartie.
(lachen)
1997 fand der Weihnachtsmarkt entlang der Hauptstrasse statt
Und darauf wurde der Weihnachtsmarkt an den jetzigen Standort beim Schulhaus Pfrundmatt verlegt?
Mägu: Etwa fünf Jahre später?
(Markus blättert in einem Ordner)
Claudia: Es war etwa im 2000.
Mägu: Es ging schon von der Menge der Stände nicht mehr. Zudem wurde es immer gefährlicher, am Morgen früh die Stände entlang der Strasse aufzustellen. Und tagsüber mit den Kinderwagen und allem drum und dran. Es war einfach zu gefährlich.
Da kam mir die Idee mit dem unteren Schulhaus. Ich hätte nicht mehr mitgemacht, wenn wir das nicht nach unten verlagert hätten. Das gab aber ganz böses Blut.
Markus: Ja, dann hiess es plötzlich, wenn wir den Stand nicht vor unserem Geschäft haben können, machen wir nicht mehr mit.
Claudia: Vor allem hatten wir vom OK damals die Stände noch selbst aufgestellt am Freitag Nachmittag und am Samstag Abend nach dem Markt wieder abgebaut. Da fing der Markt noch um 9 Uhr morgens an – das war wirklich viel.
Mägu: Das war Knochenarbeit. Ja, aber dort unten war für uns perfekt. Jeder hat gerühmt, bis auf einige wenige. Das musste ich mir etwa drei Jahre anhören: «Oben war es doch viel schöner mit den Sternen als Deko und jetzt geht ihr dort hinunter.».
Nun musstet ihr also noch mehr Stände für den grossen Platz haben? Kam Dir Mägu dann die Idee, Stände selbst zu schreinern?
Mägu: Ja, ich hatte mal gesagt, dass ich die Stände irgendwann selbst mache, weil es so mühsam ist. Irgendwann im September hatten wir eine OK-Sitzung und da hiess es: Du Mägu, du hast doch mal gesagt, dass du die Stände machst… ja schei…
Also, ein Mann ein Wort. Ich hatte von Willisau einen Stand, mass den aus, bestellte Holz und machte Stände. 30 Stück (kann es selbst kaum glauben).
Ich nahm 30’000 Franken in die Finger, um die Stände zu machen … Heute bin ich froh, dass wir die Stände gemacht haben.
Markus: Ja, das war fabelhaft. Das sah ganz anders aus.
Mägu: Dann habe ich mit meinen zwei Arbeitern die Stände aufgestellt und am Abend wieder abgeräumt, da ich der Bauchef war.
Markus: Und dann alles miteinander eingelagert, absolut hammermässig.
Wie lange hattet ihr denn dafür?
Mägu: Zwei Arbeiter und ich: anderthalb Tage, alles in Fronarbeit. Das ist auch heute noch alles Fronarbeit.
Claudia: Früher, als ich euch noch das Znüni brachte, machte ich sogar die Sandwiches noch selbst. Bis es dann hiess, dass ich die schon kaufen dürfe. So viel Geld hätten wir dann schon.
«Und so stand der Weihnachtsmarkt vor dem Aus.»
Jetzt war also alles perfekt? Der neue Standort, die neuen Stände…
Markus: …es war das Jahr, wo auch die Gewerbeausstellung war. Bis dahin hatten wir noch kein richtiges OK. Alle haben gearbeitet und vieles lief einfach unter der Hand. Irgendwie wurde das alles zu viel. Man fand, dass das so nicht mehr geht.
Es gab dann eine Sitzung im Pfarreiheim. Jemand hatte dann wieder die Idee, die Jungwacht fix zu involvieren – diese war ja nicht mehr dabei gewesen. Das wurde aber nichts und so stand der Weihnachtsmarkt vor dem Aus.
Aber Heinz Hostettler, der Mann der Pfarreiheimabwartin, hatte dies gehört: «Das wäre aber auch schade, wenn der Weihnachtsmarkt nicht mehr stattfinden würde. Irgendwie müsste jemand die Gesamtleitung übernehmen». Und so ware es Antoinette, die das übernahm. Von da an gab es ein kleines Komitee mit verschiedenen Ressorts.
(Markus hat in einem Ordner einen Standplan gefunden)
Markus: Im 2001 waren es doch immerhin 51 Stände (blättert weiter). Im Jahr drauf kamen die Mottos: (liest vor) «Projekt Weihnachtszauber», «Man trifft sich bei der Krippe». Da gab es eine Krippenausstellung im Pavillon.
Claudia: Und einmal war «Entlebuch, das Dorf der 1000 Sterne». Da bastelten wir Sterne. Ich fragte im Altersheim, ob sie Sterne machen würden, ich habe gebastelt, Leute haben angerufen, dass sie auch Sterne gemacht haben. Die verteilten wir dann in den Geschäften. Am Schluss waren es über 1000 Sterne!
Markus: Ja, und mit Martin Hunziker – das ist ein Name, der unbedingt erwähnt werden muss – kam auch die Idee mit den Künstlern.
Und Jörg Bühlmann hat das Sponsoring eingeführt – wir waren damals in den Negativzahlen. Es war ja so, dass am Anfang der Markt unter den Detaillisten lief. Die Detaillisten gehörten zu den Gewerblern und der Gewerbeverband hat zum Glück eine Defizitgarantie übernommen. Mit der Zeit wurde die in einen festen, jährlichen Betrag umgewandelt. Die ersten Weihnachtsmarkt-Plakate waren auch entsprechend unterschrieben mit «Ihre Detaillisten aus Entlebuch».
Mägu: Im 2002 gab’s auch den ersten Christbaum.
«Dann haben wir den Notstrom angeworfen, tagg, jöööö.»
Also die grosse Tanne beim Schulhausplatz?
Mägu: Genau. Die musste natürlich auch beleuchtet werden. Aber da hatten wir noch keine Lämpchen und so studierte ich zusammen mit Meier Willi, wie wir den Baum beleuchten können. Ich hatte dann die Idee mit den Scheinwerfern, die wir auf der Tanne anbringen. Aber ob dies so funktionieren würde, wussten wir nicht. Also organisierte ich Notstromaggregat, Kabelrollen, 10 oder 12 Scheinwerfer und probierten dies an der Tanne bei mir in der Waldhütte aus. Zwei Stunden lang ging ich immer wieder rauf und runter und dekorierte die Tanne. Dann haben wir grilliert und eine Wurst gegessen – wir mussten ja warten bis es dunkel war. Dann haben wir den Notstrom angeworfen, tagg, jöööö. Wir schauten die beleuchtete Tanne an und freuten uns wie zwei kleine Kinder. Eine halbe Stunde bestaunten wir die beleuchtete Tanne. Und dann war es Finster – Stockfinster. Und ich musste ja die ganzen Scheinwerfer wieder runterholen. (lacht)
Claudia: Ja, Willi erzählte, dass Mägu wie ein Äffchen den Baum hoch- und runtergeklettert ist.
Mägu: Wir entschieden, dass wir das so machen. Das war dann unsere Christbaumbeleuchtung.
«Es hat nur so geknackt: First kaputt, Böckli kaputt…»
Inzwischen sind es zwei Christbäume, die mitunter für eine schöne Stimmung sorgen. Besonders schön ist es natürlich, wenn alles verschneit ist…
Claudia: Oh ja, es ist noch gar nicht so lange her, als es in der Nacht auf Samstag geschneit hatte. Da war ich mit meinem Mann extra um 7 Uhr in der früh dort und wir kamen ins Rotieren wegen dem vielen Schnee. Ein Stand war sogar zusammengefallen unter der Last des Schnees.
Mägu: Ja, es war ein Chaos. Ich hatte noch zwei andere Probleme: beim Schneeräumen fuhr der Abwart in einen Stand, was noch kein Problem war. Ich hatte ja einen Stand auf Reserve. Aber dann kam ein Aussteller mit seinem Fahrzeug etwas gar schnell. Ich schrie: Anhalten! Anhalten!
Aber der fuhr einfach weiter und kam ins Rutschen. Päng! In den Stand rein – es hat nur so geknackt: First kaputt, Böckli kaputt…
Dann mussten Ruedi Bieri und Heinz Ludwig nach Willisau fahren und einen neuen Stand holen. Zum Glück hatten sie den Entla-Lieferwagen. Und dann mussten wir noch alle Stände vom Schnee befreien – es war Stress pur.
Claudia: Ja, nur wir vom OK waren dort, weil es so geschneit hatte. Aber mit dem Schnee war es eine richtig weihnächtliche Stimmung.
Claudia, Markus, Mägu – ganz herzlichen Dank für eure Zeit und das Mitnehmen auf eine Reise in vergangene Zeiten.